In Nigeria bangen die Eltern um die Flucht ihres in der Ukraine studierenden Sohnes. Nach Tagen meldet er sich schließlich aus Rumänien.
Migranten an der polnisch-ukrainischen Grenze am 24. Februar Foto: Dominika Zarzycka/NurPhoto/imago
COTONOU taz | Martina Patrick Dogo hat Angst um ihren Sohn Pascal. Sie wohnt in Nigerias Hauptstadt Abuja und hat seit Sonntag nichts mehr von ihm gehört. Er studiert seit drei Jahren in der Ukraine Medizin. Als die Situation in Kiew immer riskanter wurde, entschied er sich mit anderen Richtung rumänische Grenze zu fahren, um das Kriegsland zu verlassen.
Sonntagabend schickte Pascal noch eine Whatsapp: „Hier an der Grenze sind gerade viele Studenten aus Nigeria, Indien, Ghana.“ Dann ist er nicht mehr online. „Mein Mann und ich haben weder geschlafen, noch gegessen. Wir können an nichts anderes mehr denken“, sagt seine Mutter.
Bis zu 12.000 Nigerianer*innen studieren in der Ukraine. Noch vor Kurzem wurde der Studienort damit beworben, dass es neben Bachelor- und Masterprogrammen auch Promotionsmöglichkeiten gibt. Jetzt wollen die Studierenden nur noch weg, doch haben sie teilweise große Schwierigkeiten, das Land zu verlassen.
Um sie auf polnischer Seite in Empfang zu nehmen, hatte Nigerias Botschaft in Warschau am Wochenende Mitarbeiter*innen und Freiwillge an vier „empfohlene“ Grenzübergänge geschickt. Als möglich gilt auch der Grenzübertritt in die Slowakei. Doch heißt es immer wieder: Afrikaner*innen werden diskriminiert und nicht durchgelassen.
Afrikaner haben das Gefühl, Ukrainer werden bevorzugt
In Tweets wird von „Ukrainians first“ gesprochen. Ein Video mit mehr als sieben Millionen Klicks zeigt ein Bahngleis, an dem ein Zug hält. Ukrainische Sicherheitskräfte versperren Afrikaner*innen den Weg in den Zug. Wer die Videos aufgenommen hat und wo sie entstanden sind, lässt sich kaum prüfen.
Am Montag fordert Nigerias Regierungssprecher Garba Shehu: „Jeder muss mit Würde behandelt und niemand darf bevorzugt werden.“ Polens Botschafterin in Abuja weist Rassismusvorwürfe zurück. Jeder würde gleich behandelt. Auch würden ungültige Papiere akzeptiert.
Collins Okeke von der Menschenrechtsorganisation Hurilaws sieht auch Nigerias Regierung in der Pflicht. Andere Botschaften hätten ihre Landsleute früher zur Ausreise aufgefordert: „Ich hätte mir eine bessere Vorbereitung gewünscht.“
Komplizierter ist der Weg nach Rumänien. Die Grenze bleibt offenbar mehrere Tage für Menschen ohne Visum dicht.
Ein Kontakt in Rumänien kann die Einreise erleichtern
Sonntagabend schickte Pascal noch eine Nachricht: „Hast Du einen Kontakt in Rumänien? Irgendjemanden? Das kann die Einreise erleichtern.“ Nachts hieß es aus Nigerias Außenministerium: „130 Nigerianer sind sicher in Bukarest angekommen.“ Doch zwölf Stunden später hat Pascals Mutter noch keine Nachricht und: „Mein Sohn ist weiter gestrandet.“
Ihr größter Wunsch ist, dass ihrem Sohn nichts passiert und sie Nachricht von ihm erhält. Was sie gerade verdrängt, ist seine Zukunft. Die Familie hatte Geld zusammengelegt, um ihm das Studium in Europa zu ermöglichen. Der Weg in die Ukraine war günstiger und unkomplizierter als in EU-Länder.
Am Montag gegen 14 Uhr deutscher Zeit kommt endlich die ersehnte Nachricht: „Wir sind in Bukarest angekommen“, schreibt Pascal. Wie es mit seiner Ausbildung weitergeht, ist völlig unklar.
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Author: William Vasquez
Last Updated: 1703152081
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